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Fallstudie: Numerische Experimente mit Soliton-Pulsen in Fasern

intro picture

Behandelte Fragen:

  • die Frage, wie Dispersion die spektrale Verbreiterung unterdrücken kann
  • die Effekte von Abweichungen der Pulse von idealen Soliton-Parametern
  • den Einfluss von Dispersion höherer Ordnung, Self-steepening und der verzögerten nichtlinearen Antwort
  • die begrenzte Fähigkeit von Solitonen, ihre Parameter an sich kontinuierlich ändernde Bedingungen anzupassen
  • die Frage, wie Soliton-Energien optimiert werden können
  • einige Details von Solitonen höherer Ordnung

In optischen Fasern mit anomaler chromatischer Dispersion gibt es das interessante Phänomen der Bildung von Soliton-Pulsen. Für fundamentale Solitonen gibt es ein Zusammenspiel von Nichtlinearität und chromatischer Dispersion der Faser, so dass die zeitliche und spektrale Form der Pulse während der Ausbreitung konstant bleiben, obwohl die genannten Effekte einzeln wesentliche Änderungen verursachen würden:

  • Chromatische Dispersion allein würde zu einer zunehmenden Pulsverbreitung führen.
  • Der Kerr-Effekt allein würde eine spektrale Verbreiterung durch Selbstphasenmodulation (SPM) verursachen.

Vereinfacht gesagt kompensieren sich die beiden Effekte gegenseitig, wenn wir das korrekte zeitliche Profil und die richtige Pulsenergie haben. (Genauer gesagt ist die gesamte Änderung der spektralen Phase nicht null, aber sie ist unabhängig von der Frequenz.) Für eine Faser mit konstanter Gruppendispersion (d. h. mit nur Dispersion zweiter Ordnung) ist diese Bedingung erfüllt, wenn wir sech2-förmige Pulse mit der Solitonenenergie haben, die man berechnet als

$${E_{\rm s}} = \frac{{2\left| {{\beta_2}} \right|}}{{\left| \gamma \right|(\tau_{\rm p} / 1.7627)}}$$

mit dem GVD (group velocity dispersion, Gruppendispersion) <$\beta_2$>, dem SPM-Koeffizienten <$\gamma$> und der Pulsdauer (FWHM) <$\tau_{\rm p}$>.

Soweit ist das alles wohlbekannt, aber wenn wir Solitonen-Phänomene genauer betrachten, stoßen wir auf eine Menge zusätzlicher Fragen, von denen wir einige in dieser Fallstudie angehen. Auf diese Weise kann man ein viel genaueres Verständnis von Solitonen entwickeln. Ein äußerst nützliches Tool für solche Studien ist ein physikalisches Modell für die numerical simulations of pulse propagation|numerische Simulation der Pulsausbreitung. Verglichen mit analytischen Berechnungen hat dieser Ansatz den entscheidenden Vorteil, dass wir kaum auf vereinfachende Annahmen angewiesen sind. Wir sind damit in der Lage, viele zusätzliche Details zu untersuchen.

Warum gibt es keine spektrale Verbreiterung?

Es ist allgemein bekannt, dass die Selbstphasenmodulation das Pulsspektrum verbreitern kann. Eine sehr naheliegende Frage ist nun, wie die Dispersion diese nichtlineare Verbreiterung unterdrücken kann – sollte das nicht unmöglich sein, nachdem man von der automatischen Dispersion ja weiß, dass sie die spektrale Form nicht verändert, sondern nur die spektrale Phase?

Um diese Sache aufzuklären, müssen wir das erste Statement hinterfragen: verursacht die Selbstphasenmodulation notwendigerweise eine spektrale Verbreiterung? Vielleicht nur unter bestimmten Umständen? In der Tat stellt sich heraus, dass der Chirp eines Pulses, d. h. die Veränderung seiner instantanen Frequenz über die Zeit, ein entscheidender Faktor für die spektrale Wirkung der Selbstphasenmodulation ist. Es ist instruktiv, dies in numerischen Experimenten auszuprobieren. Wir nehmen einen Fall ohne chromatische Dispersion, nur mit der Kerr-Nichtlinearität, und untersuchen die Entwicklung der spektralen Phase und Bandbreite innerhalb von 200 mm Faser für sech2-Pulse mit 100 fs Dauer und verschiedenen Werten des Chirp:

Zunächst ohne anfänglichen Chirp, wo wir die übliche spektrale Verbreiterung beobachten:

spectral evolution with no initial chirp
Abbildung 1: Die Entwicklung des Pulsspektrums ohne anfänglichen Chirp.

Mit einem anfänglichen Up-Chirp von +50 THz/ps erhalten wir eine verstärkte spektrale Verbreiterung:

spectral evolution with initial up-chirp
Abbildung 2: Die spektrale Entwicklung mit anfänglichem Up-Chirp.

Mit einem anfänglichen Down-Chirp von +50 THz/ps erhalten wir eine spektrale Kompression:

spectral evolution with initial down-chirp
Abbildung 3: Die spektrale Entwicklung mit anfänglichem Down-Chirp.

In einer längeren Phase bekommen wir am Ende doch eine spektrale Verbreiterung – aber in dieser Situation haben wir dann eben auch wieder einen Up-Chirp. Beachten Sie, dass die Selbstphasenmodulation natürlich auch den Chirp beeinflusst.

Nun verstehen wir also, wie chromatische Dispersion die spektrale Verbreiterung unterdrücken kann:

  • Solange der Puls keinen Chirp hat, kann die Selbstphasenmodulation die Bandbreite nicht ändern.
  • Man kann dies verstehen mit der Differenzialgleichung für die Entwicklung des Pulses: Die zu den gegebenen spektralen Amplituden addierten Beiträge haben hier immer eine um 90° andere Phase, sodass sich nur die spektrale Phase, aber nicht die Größe der speckprallen Amplitudenänderung.
  • Normalerweise würde die Selbstphasenmodulation aber selbst einen Up-Chirp verursachen, der im Folgenden eine spektrale Verbreiterung erlauben würde.
  • Zusätzliche anomale Dispersion kann diese Entstehung eines Chirps jedoch unterdrücken, und damit auch die spektrale Verbreiterung.
  • Natürlich funktioniert dies nur, wenn wir die korrekte Pulsform haben, die unter den gegebenen einfachen Umständen (keine Dispersion höherer Ordnung etc.) sech2-förmig ist.

Was, wenn die Eingangs-Pulse die Solitonen-Bedingung nicht exakt erfüllen?

In der Praxis können wir die Soliton-Bedingungen bezüglich Pulsform und Energie nie exakt erfüllen. Wenn wir beispielsweise die Pulse mit einer modengekoppelten Laser erzeugen, können sie oft signifikant von der sech2-Form abweichen, und die in der Faser erreichte Pulsenergie kann vom idealen Wertweg driften. Welche Auswirkungen wird das haben?

Um dies zu untersuchen, verwenden wir ein leistungsfähiges Modell für eine Germanosilikatfaser, realisiert mit der Software RP Fiber Power. Diese Software bietet eine Power FormPassive Fiber for Ultrashort Pulses”. Hier können wir die Details eingeben, die die Eigenschaften der relevanten Mode der Fahrer bestimmen. In unserem Fall geben wir ein Stufenindexprofil vor, wie es für eine gewöhnliche Telekom-Faser realistisch ist. Indem wir das Brechungsindexprofil direkt ohne Wellenlängenabhängigkeit eingeben, erhalten wir keine chromatische Dispersion; diese sitzen wir manuell auf −20'000 fs2/m, was für die angenommene Wellenlänge von 1550 nm (im Telekom-C-Band) realistisch ist. (In anderen Studien definieren wir das Brechungsindexprofil indirekt über das Profil der GeO2-Dotierung, womit wir dann die volle Dispersion berechnet bekommen, aber im aktuellen Fall wollen wir die Dispersion höherer Ordnung z. B. an- oder abschalten können.) Hier sind die Einstellungen im Formular:

part of the Power Form
Abbildung 4: Die Einstellungen für die Faser im Formular.

Was die nicht Nichtlinearität der Faser betrifft, berücksichtigen wir nun nur den Kerr-Effekt als einen instantan wirkenden Effekt, d. h. ohne eine verzögerte nichtlineare Antwort. Wir vernachlässigen das Self-steepening. Damit haben wir nun eine ziemlich vereinfachte Situation, wie sie in vielen Beispiel-Fällen von Fachbüchern verwendet wird. Später können wir prüfen, was geschieht, wenn wir zusätzliche Details berücksichtigen.

Für die Pulse nehmen wir eine Pulsdauer von 100 fs und eine sech2-Form an. Wir lassen das Programm die Solitonen-Pulsenergie (hier 438 pJ) automatisch berechnen, in denen wir den folgenden Skriptcode eingeben:

gamma := fiber1.n2_f * (2pi / l_s_c) / A_eff(fiber1.signal)
  { nonlinear coefficient }
E_s := 2 * abs(fiber1.GVD(l_s_c)) / (gamma * (tau_s_in / 1.7627))
  { fundamental soliton pulse energy }
calc cf_set_input("E_s_in", E_s)

Dieser Code greift auf einige Variablen zu, die mit den Eingabefeldern assoziiert sind. Beispielsweise ist fiber1.n2_f der nichtlineare Index der ersten (und einzigen) Fahrzeug, und tau_s_in ist die eingegebene anfängliche Pulsdauer. Schließlich verwenden wir die Funktion cf_set_input(), um das Eingabefeld für die Pulsenergie zu setzen.

Damit erhalten wir das erwartete Resultat, dass sowohl das zeitliche als auch das spektrale Profil des Pulses während der Kooperation unverändert bleibt. Wir werden später sehen, dass dies nur unter gewissen vereinfachenden Annahmen zutrifft, aber es ist lehrreich, zuerst einmal das Modell in dieser vereinfachten Form einzusetzen.

Nun können wir die Pulsenergie etwas erhöhen, z. B. auf 1,1 mal die Soliton-Energie. Wir betrachten zunächst die zeitliche Entwicklung in 10 m der Faser und verwenden eine logarithmische Farbskala:

temporal evolution of pulse with 10% too much energy
Abbildung 5: Zeitliche Entwicklung eines sech2-Pulses mit 10 % zu viel Energie.

Wir sehen, dass nun etwas von der Pulsenergie in einen längeren Sockel übergeht, der wegen der chromatische Dispersion zeitlich immer mehr verbreitet wird. Dies sehen wir besser in einem Plot, wieder mit einer logarithmischen Skala:

temporal evolution of pulse with 10% too much energy
Abbildung 6: Zeitliche Entwicklung eines sech2-Pulses mit 10 % zu viel Energie.

Im Spektrum sehen wir nicht viel:

spectral evolution of pulse with 10% too much energy
Abbildung 7: Spektrale Entwicklung eines sech2-Pulses mit 10 % zu viel Energie.

Nach einer gewissen Distanz bekommen wir ein reales fundamentales Soliton – aber mit welchen Parametern? Die Pulsdauer wird reduziert auf 92 fs, sodass die zugehörige Solitude-Energie allein (ohne den Sockel) berechnet werden kann zu (100 fs / 1,1) / 92 fs = 0,988 relativ zu der Gesamtenergie. Fast die gesamte eingesetzte Energie endet also im erhaltenen Soliton, und nur ein sehr kleiner Teil geht in den zeitlichen Sockel (in der Soliton-Theorie oft als Kontinnuum bezeichnet).

Wir haben das auch mit einer 10 % zu niedrigen Energie ausprobiert; die Resultate (hier nicht gezeigt) sehen recht ähnlich aus.

Als nächstes testen wir, was passiert, wenn wir die korrekte Soliton-Energie verwenden, aber eine andere Pulsform – eine Gauß-Form. Interessanterweise ändert dies die Resultate deutlich:

temporal evolution with a Gaussian input pulse
Abbildung 8: Zeitliche Entwicklung mit einem Gauß-Puls.
temporal evolution with a Gaussian input pulse
Abbildung 9: Zeitliche Entwicklung mit einem Gauß-Puls.
spectral evolution with a Gaussian input pulse
Abbildung 10: Spektrale Entwicklung mit einem Gauß-Puls.

Wieder geht fast die gesamte Energie in das Soliton. Bei Betrachtung der Diagramme mag man das Gefühl haben, dass mehr Energie verloren geht, aber beachten Sie, dass die logarithmische Skala einen Bereich von 40 dB abdeckt.

In einem weiteren Test verwenden wir eine asymmetrische Pulsform. Wir konstruieren diese aus zwei Gauß-Kurven mit deutlich unterschiedlichen Breiten, eine für negative Zeiten und eine für positive Zeiten.

temporal evolution with asymmetric Gaussian input pulse
Abbildung 11: Zeitliche Entwicklung mit einem asymmetrischen Gauß-Puls.
temporal evolution with asymmetric Gaussian input pulse
Abbildung 12: Zeitliche Entwicklung mit einem asymmetrischen Gauß-Puls.

Generell können wir von diesen Tests lernen, dass es nicht allzu viel ausmacht, wenn die Pulsparameter nicht sehr nahe an den idealen Werten liegen. Der Großteil der Energie wird trotzdem als ein Soliton propagieren.

spectral evolution with a Gaussian input pulse
Abbildung 13: Spektrale Entwicklung mit einem asymmetrischen Gauß-Puls.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Pulse zwar das korrekte Profil und die richtige Energie haben, aber einen Chirp, der z. B. durch die Kooperation in einem diskursiven Medium verursacht wurde. Wir versuchen es mit einem Chirp von 10 THz/ps, der das Zeit-Bandbreite-Produkt moderat von 0,315 auf 0,385 erhöht:

temporal evolution with chirped input pulse
Abbildung 14: Zeitliche Entwicklung mit gechirpten Puls.

Generell können wir von diesen Tests lernen, dass es nicht allzu viel ausmacht, wenn die Pulsparameter nicht sehr nahe an den idealen Werten liegen. Der Großteil der Energie wird trotzdem als ein Soliton propagieren.

Übrigens können Sie z. B. im vorhergehenden Diagramm eine periodische Struktur erkennen und mögen denken, dass man hier die Solitonen-Periode sieht, aber dies ist nicht der Fall. Wir werden später zur Solitonen-Periode zurückkommen.

Was, wenn die Faser Dispersion höherer Ordnung hat?

Bislang haben wir Dispersion höherer Ordnung immer vernachlässigt, aber nun führen wir eine realistische Steigung der Dispersion von −8000 fs2/m pro 100 nm Zunahme der Wellenlänge ein. Dies hat einen signifikanten, aber nicht dramatischen Effekt auf unserer 100-fs-Soliton:

zeitliche Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung
Abbildung 15: Zeitliche Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung.
zeitliche Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung
Abbildung 16: Zeitliche Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung.
spektrale Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung
Abbildung 17: Spektrale Entwicklung mit Dispersion höherer Ordnung.

Die geänderte Dispersion ändert die Form der Solitonen nur geringfügig. Der Puls wird übrigens geringfügig langsamer – ein Detail, welches mit der durch die Dispersion dritter Ordnung eingeführte Asymmetrie zu tun hat. Der Einfluss der Dispersion höherer Ordnung würde bei noch kürzeren Pulsen stärker.

Was bewirkt Self-steepening?

In den Gleichungen für die nichtlineare Pulspropagation gibt es eine Art von Operator für das self-steepening:

$$\frac{{\partial A}}{{\partial z}} = (\text{linear terms}) + i\gamma \: \left(1 + \frac{i}{\omega_0} \frac{\partial}{\partial t}\right) \: \left(A(z,t)\int\limits_0^\infty {R(\tau )\;{{\left| {A(z,t - \tau )} \right|}^2}{\rm{d}}\tau } \right) $$

Es ist der Teil mit <$\left(1 + \frac{i}{\omega_0} \frac{\partial}{\partial t}\right)$>, der vor einem Term mit der Antwortfunktion <$R(\tau)$> steht. Wir können dies interpretieren als eine Frequenzabhängigkeit des nichtlinearen Effekts; beachten Sie, dass <$i \: \partial / \partial t$> in der Frequenzdomäne einem Faktor <$\omega$> entspricht. Dieser Effekt wird oft vernachlässigt, (a) weil man damit keine analytischen Lösungen mehr finden können und (b) weil die Auswirkung gering sind, solange das Pulsspektrum schmal genug bleibt. In numerischen Simulationen können wir diesen Effekt leicht beibehalten; das verursacht nur eine moderate Verlängerung der Rechenzeit.

Wir probieren das aus mit gleichen Einstellungen wie vorher, ohne Dispersion höherer Ordnung.

temporal evolution with self-steepening turned on
Abbildung 18: Die zeitliche Entwicklung eines Solitons mit Self-steepening.

Hier sehen wir zwei Dinge. Auf einem sehr niedrigen Niveau sehen wir Oszillationen, weil die Soliton-Form nicht mehr perfekt zur sech2-Form passt. Außerdem driftet der Puls nun leicht nach rechts, was eine leichte Reduktion der Gruppengeschwindigkeit zeigt.

Was bewirkt die verzögerte nichtlineare Antwort für die Solitonen?

Soweit haben wir komplett vernachlässigt, dass alle optischen Materialien eine nicht wirklich instantan erscheinende nichtlineare Polarisation aufweisen, sondern eine verzögerte nichtlineare Antwort. Genauer gesagt haben wir zwei verschiedene Beiträge zur nichtlinearen Antwort:

  • eine nahezu instantane von den Elektronen
  • eine deutlich langsamere, die mit mikroskopischen Oszillationen im Medium zusammenhängt

Ein ultrakurzer Puls kann solche Oszillationen anregen, die dann zu späteren Zeiten auf das Lichtbild zurückwirken. Dieser Mechanismus steckt hinter der stimulierten Ramanstreuung, und er kann mit einer Antwortfunktion beschrieben werden, aus der das Raman-Verstärkungsspektrum berechnet werden kann.

Die Berücksichtigung der verzögerten nichtlinearen Antwort ist technisch nicht ganz einfach, aber es gibt effiziente numerische Methoden, um dies zu tun. Außerdem gibt es genaue Daten für gängige optische Materialien, insbesondere für Quartzglas [1], die Hauptkomponente für viele Glasfasern. Wir können all dies verwenden in unserer Power Form.

Wir aktivieren nun die verzögerte nichtlineare Antwort, aber ohne Dispersion höherer Ordnung, und aktivieren auch das Self-steepening. Wir nehmen wieder 100-fs-sech2-Pulse mit der Energie des fundamentalen Solitons. Das Resultat zeigt in der Tat wesentliche Änderungen:

temporal evolution with the delayed nonlinear response
Abbildung 19: Zeitliche Entwicklung mit verzögerter nichtlinearer Antwort.
temporal evolution with the delayed nonlinear response.
Abbildung 20: Zeitliche Entwicklung mit verzögerter nichtlinearer Antwort.
spectral evolution with the delayed nonlinear response.
Abbildung 21: Spektrale Entwicklung mit verzögerter nichtlinearer Antwort.

Das Pulsspektrum driftet nun zu längeren Wellenlänge; dieses Phänomen wird als Solitonen-Selbstfrequenzverschiebung bezeichnet. Die zunehmende Wellenlänge verursacht eine zunehmende Reduktion der Gruppengeschwindigkeit wegen der anomale Dispersion. Dies untersuchen wir genauer in einer spezialisierteren Fallstudie zur Solitonen-Selbstfrequenzverschiebung.

Sie mögen sich nun fragen, Ob die üblichen Beispiele in Fachbüchern ohne Berücksichtigung der verzögerten nichtlinearen Antwort alle unrealistisch sind. Das hängt aber natürlich von den konkreten Umständen ab. Es erweist sich, dass die Stärke der Frequenzverschiebung sehr stark von der Pulsdauer abhängt. Wenn wir also etwas längere Solitonen haben, z. . mit 500 fs Dauer, passiert innerhalb einiger Meter der Faser nicht viel. Für kürzere Pulse werden solche Effekte allerdings rasch sehr stark. Man sollte sich etwas unwohl fühlen beim Gebrauch analytischer Gleichungen, ohne genau die Grenzen ihrer Gültigkeit zu kennen, aber wenn man mit numerischen Simulationen arbeitet, kann man immer ausprobieren, ob die Aktivierung eines weiteren Effekts die Resultate wesentlich ändert.

Eine weitere interessante Frage ist, ob man eine Phase entwickeln könnte, die eine stärkere oder schwächere Frequenzverschiebung der Solitonen aufweist:

  • Was passiert, wenn wir die Bodenfläche verdoppeln, während wir die Dispersion unverändert lassen (was in der Praxis schwierig sein mag)? Dies verdoppelt die Soliton-Energie, und die Frequenzverschiebung ändert sich nicht. Dies liegt daran, dass die Dispersion ja durch geeignete starke nichtlineare Phasenmodulation kompensiert werden muss, sodass für die Stärke der nichtlinearen Effekte nicht einfach auf diese Weise reduzieren können.
  • Um stärkere nichtlineare Effekte zu nutzen, müssen wir die Stärke der Dispersion entsprechend erhöht. Diesen Weg kann man gehen, und man kann einiges damit erreichen.
  • Durch Änderung des Materials des Faserkerns kann man auch die nichtlineare Antwort modifizieren. Wenn es starke Veränderungen sein sollen, wird man wahrscheinlich andere als Quarzglasfasern verwenden müssen.

Wie schnell können sich Solitonen an veränderte Bedingungen anpassen?

Wir haben bereits gesehen, dass Solitonen in vielen Fällen nicht einfach auseinanderfallen, wenn ihre Bedingungen nicht gut erfüllt werden. Stattdessen passen sie sich an die Bedingungen an, und nur ein kleiner Teil ihrer Energie verloren gehen, also in einen langen zeitlichen Sockel gehen.

Wir können auch Fälle betrachten, in denen sich die Bedingungen während der Propagation allmählich ändern. Ein typischer Fall beinhaltet konstante Ausbreitungsverluste in der Fahrer. Dies führt zu einem exponentiell abfallender Pulsenergie, der die Solitonen entsprechend länger machen sollte. Aber funktioniert dies auch, wenn wir die Pulsenergie recht schnell abschwächen?

Dies können wir mit dem Modell einfach testen. Oh realistisch ohne die verzögerte nichtlineare Antwort arbeiten zu können, verwenden wir 500-fs-Pulse. Wir nehmen zunächst eine 1 km lange Faser mit Ausbreitungsverlusten von 5 dB/km (was für eine Telekom-Faser ziemlich viel wäre). Falls sich die Pulsdauer gut anpasst, erwarten wir am Ende einen Wert von 500 fs · 100,5 = 1,58 ps.

attenuation with 5 dB/km
Abbildung 22: Zeitliche Entwicklung mit 5 dB/km in der Faser.

Dies funktioniert sehr gut: Die Pulse behalten annähernd ihre sech2-Form und werden einfach länger in dem Maße, wie ihre Energie abnimmt. Am Ende ist die Pulsdauer 1,58 ps, genau wie erwartet.

Nun nehmen wir 50 dB/km in einer reduzierten Faserlänge von 100 m:

attenuation with 50 dB/km
Abbildung 23: Zeitliche Entwicklung mit 50 dB/km in der Faser.

Hier sehen wir gewisse Abweichungen, die allerdings immer noch eher gering sind. (Beachten Sie die logarithmische Skala.) Nehmen wir nun 500 dB/km über 10 m. Hiermit wird die Pulsdauer am Ende nun 762 fs, und das Zeit-Bandbreite-Produkt steigt auf 0,463. (Für perfekte Solitonen wäre es 0,315.) Hier kann sich das Soliton also nicht mehr voll an die geänderten Bedingungen anpassen.

Mit wesentlich kürzeren Pulsen funktioniert das besser. Wenn wir beispielsweise 100 fs nehmen (und einfach ignorieren, dass wir hierfür eine wesentliche Frequenzverschiebung erhielten), funktioniert das selbst im Fall mit den höchsten Verlusten immer noch sehr gut.

Es stellt sich heraus, dass die benötigte Längenskala für eine annähernd alliierte badische Angleichung an veränderte Bedingungen durch die sogenannte Soliton-Periode gegeben wird, die man mit einer Gleichung im nächsten Abschnitt berechnen kann. Wir halten für unseren Fall mit 500-fs-Pulsen 6,3 m, aber nur 0,253 m für 100-fs-Pulse. (Es gibt eine quadratische Abhängigkeit von der Pulsdauer.) Solange wir die Bedingungen innerhalb einer Soliton-Periode nicht allzu stark ändern, bekommen wir eine annähernd artiger badische Entwicklung. Lange Solitonen (mit Pulsdauer von mehreren Pikosekunden) sind in dieser Hinsicht recht empfindlich, während kurze Soliton sich sehr viel schneller anpassen können. Dies liegt letztendlich daran, dass sie durch eine Partners zwischen zwei starken gegeneinander wirkenden Effekten gefordert werden, während diese Effekte für lange Pulse ziemlich schwach sind.

Man könnte auch das Gegenteil ausprobieren: eine allmähliche Verstärkung der Solitonen in einer aktiven Faser, wobei sie gleichzeitig kürzer werden. Dies haben wir in einer anderen Fallstudie untersucht.

Eine weitere Möglichkeit, ist es einfacher mit allmählich veränderlichen Eigenschaften wie beispielsweise der Modenfläche und/oder der Dispersion zu verwenden. So etwas kommt beispielsweise bei gezogenen Fasern vor.

Was passiert bei der Kollision von Solitonen?

Es gibt sehr interessante Phänomene, wenn Solitonen in einer Phase kollidieren. Dies kann beispielsweise geschehen, wenn sie unterschiedliche Wellenlängen haben, deswegen auch unterschiedliche Gruppengeschwindigkeiten. Wir haben auch dies in einer anderen Fallstudie untersucht.

Könnten wir Solitonen mit viel höherer Energie haben?

Solitonen könnten eine ideale Form für den Transport von Lichtpulsen über wesentliche Distanzen in flexiblen Fasern sein, ohne zeitliche oder spektrale Verzerrungen oder Verbreiterungen. Das Problem ist nur, dass sie Soliton-Energien viel niedriger sind, als man oft gerne hätte. Sogar in unserem Fall mit relativ kurzen Impulsen (100 fs) sind es nur 438 pJ, während viele morgen gekoppelte Laser leicht mehrere Nanojoule bieten, manchmal sogar mehrere Mikrojoule. Und für Pikosekunden-Solitonen werden die Energie sogar noch wesentlich niedriger.

Die Gleichung für die Soliton-Energie zeigt die Optionen ziemlich klar.

  • Eine stärkere chromatische Dispersion würde helfen. Leider ist es schwierig, diese beispielsweise um einen Faktor fünf zu erhöhen, oder gar um mehrere Größenordnungen. Man könnte allerdings die Dispersion ein Stück weit optimieren; siehe dazu eine Fallstudie.
  • Eine schwächere Nichtlinearität würde ebenso helfen. Allerdings ist der nichtlineare Index von Quarzglas bereits ziemlich niedrig. Es gibt wohl nur einen Weg, um noch wesentlich niedrigere Werte zu erhalten: die Benutzung von Luft! Das ist in der Tat möglich, sogar im Zusammenhang mit Fasern: Es gibt Fasern mit hohlem Kern, die auf speziellen Mechanismen der Lichtführung beruhen, wo das meiste Licht in der Luft propagiert und eine feine Quarzglas-Struktur die Führung ermöglicht. Das ist nicht einfach, insbesondere wenn zusätzlich noch Anforderungen an die Dispersion gestellt werden, aber dies ist eine interessante Entwicklung.
  • Kürzere Impulse wären eine weitere Möglichkeit. Beachten Sie aber, dass hiermit die nichtlineare Soliton-Frequenzverschiebung recht stark werden kann.

Bislang ist der Transport von Laserpulsen als Solitonen wegen der erklärten starken Restriktionen nicht sehr gebräuchlich.

Solitonen höherer Ordnung

Die Bewahrung der zeitlichen und spektrale Impulsform über beliebige Distanzen ist nur für fundamentale Solitonen möglich, wie wir sie diskutiert haben. Jedoch gibt es auch Solitonen höherer Ordnung. Wir können ein Soliton der Ordnung <$k$> erhalten, indem wir einfach die Pulsenergie um den Faktor <$k^2$> erhöhen. Dies führt zu einer periodischen Entwicklung von zeitlicher und spektrale Form, wobei die Periode die sogenannte Solitonen-Periode ist, die man mit der folgenden Gleichung berechnen kann:

$$z_{\rm s} = \frac{\pi \: (\tau_{\rm p} / 1.7627)^2}{2 \:|\beta_2|}$$

Probieren wir das aus mit 500-fs-Pulsen, wo die Solitonen-Periode 6,32 m ist. Zunächst die Ordnung <$k$> = 2:

temporal evolution of second-order solitons
Abbildung 24: Zeitliche Entwicklung für Solitonen zweiter Ordnung.
spectral evolution of second-order solitons
Abbildung 25: Spektrale Entwicklung für Solitonen zweiter Ordnung.

Wir sehen, dass die Periode tatsächlich wie berechnet ist.

Die Entwicklung sieht auch schön aus in einem animierten Spektrogramm:

spectrogram of second-order soliton
Abbildung 26: Entwicklung des Spektrogramms eines Solitons zweiter Ordnung.

Mit der vierten Ordnung wird das schon deutlich komplizierter:

temporal evolution of fourth-order solitons
Abbildung 27: Zeitliche Entwicklung für Solitonen vierter Ordnung.
spectral evolution of fourth-order solitons
Abbildung 28: Spektrale Entwicklung für Solitonen vierter Ordnung.
spectrogram of fourth-order soliton
Abbildung 29: Spektrogramm für Solitonen vierter Ordnung.

Um auch realistische Verhältnisse zu haben, sollten wir die verzögerte nichtlineare Antwort (inkl. Self-steepening) aktivieren. Das ändert nun die Lage komplett:

spectrogram of fourth-order soliton
Abbildung 30: Spektrogramm für Solitonen vierter Ordnung, nun mit verzögerter nichtlinearer Antwort.

Wie man sieht, kollabiert das Soliton höherer Ordnung unter dem Einfluss der Ramanstreuung. Ein fundamentales Soliton wird abgestoßen, welches dann die bekannte Frequenzverschiebung aufweist. Wir können das Soliton vierter Ordnung nicht zusammenhalten und als Ganzes driften lassen. Das Soliton zweiter Ordnung scheint dies anfangs besser zu überstehen, fehlt dann aber ebenfalls auseinander:

spectrogram of second-order soliton
Abbildung 31: Spektrogramm für Solitonen zweiter Ordnung, nun mit verzögerter nichtlinearer Antwort.

Beachten Sie, dass die Raman-Antwort selbst für Pulsdauern wichtig ist, bei denen das fundamentale Soliton nicht allzu stark betroffen wird. Dies liegt daran, dass solche Solitonen breitere Spektren und höhere Spitzenleistung während ihrer Ausbreitung erhalten können, und deswegen auch sensitiver auf Ramanstreuung reagieren. Generell sind sie lange nicht so robust wie fundamentale Solitonen.

Fazit

RP Fiber Power

Die Software RP Fiber Power ist ein prima Tool für solche Arbeiten – sehr leistungsfähig und doch einfach zu bedienen!

Wir können aus dieser Studie einiges lernen:

  • Im Prinzip setzt die Solitonen-Propagation Pulse mit der korrekten Form und Energie voraus. Jedoch bekommen wir immer noch einen Großteil der eingesetzten Energie als propagierendes Soliton, wenn die Energie und/oder die Pulsform nicht ganz korrekt ist. Das ist in der Praxis wichtig.
  • Dispersion höherer Ordnung und das Self-steepening ändern das Verhalten. Dies wird für kürzere Pulse wichtiger.
  • Die verzögerte nichtlineare Antwort, die stimulierte Ramanstreuung verursacht, führt zu einer nichtlinearen Frequenzverschiebung. Wie stark dieser Effekt ist, hängt entscheidend von der Pulsdauer ab.
  • Fundamentale Solitonen können ihre Parameter an kontinuierlich veränderliche Bedingungen gut anpassen, solange diese Änderungen nicht zu schnell erfolgen. Die Soliton-Periode gibt uns eine gute Abschätzung dafür, wie langsam die Veränderungen dafür sein müssen.
  • Soliton-Energien sind oft niedriger als wünschenswert wäre. Es gibt begrenzte Möglichkeiten, diese zu erhöhen.
  • Solitonen höherer Ordnung sind ein interessantes Phänomen, aber in der Praxis werden sie leicht durch Raman-Streuung destabilisiert.

Weitere Artikel

Enzyklopädie:

Literatur

[1]D. Hollenbeck and C. D. Cantrell, “Multiple-vibrational-mode model for fiber-optic Raman gain spectrum and response function”, J. Opt. Soc. Am. B 19 (12), 2886 (2002); https://doi.org/10.1364/JOSAB.19.002886
[2]G. P. Agrawal, Nonlinear Fiber Optics, 4th edn., Academic Press, New York (2007)

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