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RP Fiber Power: Simulations- und Design-Software für Faseroptik, Faserverstärker und Faserlaser

Fallstudie: Erbium-Faserverstärker für rechteckförmige Pulse

Design-Ziel

Wir möchten einen Erbium-dotierten Faserverstärker entwickeln, der schwache Lichtpulse mit 1 nJ Energie (3 ns, Gauß-Spektrum mit 5 nm Bandbreite) bei der Wellenlänge von 1550 nm verstärkt. Wir benötigen verstärkte Pulse mit einer Energie von mindestens 10 μJ, und die Pulsform sollte möglichst nahe an einer Rechteckform liegen.

Es ist absehbar, dass bei dieser Pulsenergie deutliche Verstärkungssättigung während der Pulsverstärkung auftreten wird, was zu einer Änderung der zeitlichen Form des Pulses führt. Wir werden dessen verschiedene Methoden untersuchen, um dieses Problem zu lösen.

Erster Ansatz

Wir probieren es zunächst einmal einfach mit rechteckförmigen Eingangspulsen. In der Power Form “Fiber amplifier for continuous-wave signals” können wir einfach die Daten des Eingangspulses und des Verstärkers eingeben:

Power Form inputs for an Er-doped fiber amplifier for pulses.
Abbildung 1: Teil der Power Form, wo wir die Details von Eingangspuls und Verstärker festlegen. Der Eingangspuls kann bzgl. des zeitlichen und spektralen Profils festgelegt werden.

Zunächst einmal wählen wir einfach die kommerziell erhältliche Faser “Liekki Er80-4-125” aus einer Liste von vielen Dutzenden aus. Sie hat einen Kerndurchmesser von 4 μm. Wir nehmen an, dass die Faser vor dem Eintreten des Pulses für genügend lange Zeit gepumpt wird, und zwar recht stark mit 1 W bei 980 nm. In 1,3 m der Faser können wir den Großteil der Pumpleistung absorbieren. Allerdings erreichen wir damit nicht unsere Ziele: Wir bekommen weniger als 9 μJ, und das zeitliche Pulsprofil ist stark verzerrt, weit entfernt von einem Rechteckprofil:

Rectangular pulse amplified in a fiber with a 4 μm core diameter.
Abbildung 2: Die zeitliche Entwicklung der Signalleistung mit einem rechteckförmigen Eingangspuls nach Verstärkung in einer Faser mit 4 μm Kerndurchmesser. Die Verstärkungssättigung geht einher mit einem Abfall der durchschnittlichen Erbium-Anregung (graue Kurve).

Man erkennt, dass der führende Teil des Pulses wesentlich mehr verstärkt wird als der hintere, weil die Erbium-Anregung während des Pulses als Folge der Energieextraktion abfällt. (Man hätte vielleicht einen noch stärkeren Abfall erwartet, aber die Pulsenergie ist nur im letzten Teil der Faser hoch!) Ein weiteres Problem ist, dass wir durch verstärkte Spontanemission (ASE) wesentlich an Leistung verlieren.

Somit sehen wir, dass wir eine Faser mit größerer Modenfläche und entsprechend höherer Sättigungsenergie verwenden sollten. Wir wählen einfach eine mit 8 μm Kerndurchmesser und sonst ähnlichen Daten aus; diese hat eine viermal größere Sättigungsenergie. In der Tat funktioniert das schon viel besser; mit der gleichen Faserlänge und Pumpleistung erhalten wir bereits 14,5 μJ (mehr als nötig). Wir können die Pumpleistung auf die Hälfte reduzieren (500 mW) und bekommen immer noch 10,9 μJ. Die Pulsverzerrung ist nun ebenfalls wesentlich schwächer:

Rectangular pulse amplified in a fiber with a 8 μm core diameter.
Abbildung 3: Same as before for a fiber with two times higher core diameter.

Allerdings sind immer noch weit entfernt von einem rechteckförmigen Puls; daran müssen wir noch arbeiten.

Im Prinzip könnte man es mit einer Faser versuchen, die eine noch viel höhere Modenfläche hat. Das ist aber nicht praktikabel, weil man damit viel mehr Pumpleistung benötigen würde und es schwer wäre, noch einmodigen Betrieb für hohe Strahlqualität} zu erreichen. (Sie würden auch kaum eine solche Faser auf dem Markt finden.) Wir brauchen also eine andere Lösung:

Vorkompensierte Form des Eingangspulses

Die Lösung ist, das zeitliche Profil des Eingangspulses so anzupassen, dass damit der Effekt der Verstärkungssättigung kompensiert wird. Wir erhöhen also mit der Zeit die Eingangsleistung so, dass dies gerade die abfallende Verstärkung ausgleicht. Wir versuchen das zunächst auf die wohl einfachste Weise: mit einer linearen Rampe der Eingangsleistung. Das ist in der Power Form einfach zu testen:

  • Wir aktivieren einen zweiten Eingangspuls (und deaktivieren den ersten), sodass wir später einfach zwischen diesen Pulsen wechseln könnten.
  • Wir wählen eine benutzerdefinierte Pulsform und geben dafür einen zeitabhängigen Ausdruck für die Leistung an – eine lineare Rampe zwischen −1.5 ns and +1.5 ns:
Specifying a user-defined linear ramp pulse shape along with a plot of pulse powers vs time.
Abbildung 4: Man kann eine lineare Rampe im Formular ganz einfach eingeben. Wir haben ihre Steigung hier bereits optimiert.
  • Wir aktivieren das Diagramm “input signal pulse”, um zu verifizieren, dass wir die gewünschte Pulsform erhalten:
Specifying a user-defined linear ramp pulse shape along with a plot of pulse powers vs time.
Abbildung 5: Der gewählte Eingangspuls.

Dies resultiert bereits in einer wesentlich verbesserten Form der verstärkten Pulse mit einer Energie von 10,8 μJ:

Output after an linearly ramping pulse is amplified in a erbium-doped fiber amplifier.
Abbildung 6: Der Ausgangspuls mit einer optimierten linearen Rampe am Eingang.

Allerdings ist die Pulsform noch nicht perfekt; wir sehen eine gewisse gebogene Form. Deswegen testen wir nun eine exponentielle Rampe, bei die zeitliche Leistung durch den Ausdruck if abs(t) < 1.5 ns then exp(t/ns * 0.347) gegeben ist:

Specifying a user-defined exponential ramp pulse shape along with a plot of pulse powers vs time.
Abbildung 7: Eingangspuls mit exponentieller Rampe.

Damit funktioniert es nun sehr gut:

Output after an exponentially ramping pulse is amplified in a erbium-doped fiber amplifier.
Abbildung 8: Der Ausgangspuls mit einer optimierten exponentiellen Rampe am Eingang.

Wir erhalten einen fast exakt rechtförmigen Puls mit 10,8 μJ, haben das Design-Ziel also erreicht.

Warum übrigens funktioniert die exponentielle Rampe so viel besser als die lineare? Das liegt daran, dass wir wegen der konstanten Ausgangsleistung einen etwa linearen Abfall der Erbium-Anregung erhalten, damit auch des exponentiellen Verstärkungskoeffizienten, und das entspricht einem exponentiellen Abfall des Leistungsverstärkungsfaktors.

In der Praxis kann man eine solche zeitliche Rampe mit geeigneter Elektronik leicht realisieren, und die Ausgangsleistung einer damit angesteuerten Laserdiode wird dem zeitlichen Verlauf des Stroms gut folgen.

Repetitiver Betrieb

Bisher betrachteten wir nur die Verstärkung eines Pulses unter der Annahme, dass sich der Verstärker schon im stationären Zustand befand. Wir können nun auch noch untersuchen, was bei repetitivem Betrieb geschieht – etwa mit einer Pulsrepetitionsrate von 5 kHz, entsprechend einer Periode von 200 μs. Nachdem diese weit unterhalb der Lebensdauer des angeregten Erbium-Zustands (hier: 9 ms) liegt, könnte man erwarten, dass der Verstärker zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pulsen den stationären Puls noch lange nicht wieder erreichen können wird. Andererseits ist eine durchschnittliche Leistung von 5 kHz · 10,8 μJ = 54 mW immer noch weit weniger als die angewandte Pumpleistung von 500 mW. Von daher könnte es eigentlich gehen. Aber funktioniert es wirklich?

Testen wir das einfach. Wir wählen im Formular “Repetitive operation” mit 8 Verstärkungszyklen, und wir aktivieren das Diagramm für die Pumpdynamik. Außerdem nehmen wir nun an, dass der Verstärker anfangs im ungepumpten Zustand ist. Das Resultat:

pumping dynamics over 8 amplification cycles
Abbildung 9: Die Pumpdynamik in den ersten acht Zyklen nach Einschalten des Verstärkers.

In den ersten paar Zyklen gibt es noch kaum eine Pulsenergie am Ausgang, weil die Verstärkung noch sehr klein ist. Wenn jedoch der stationäre Zustand annähend erreicht ist, kommt die Verstärkung nach jedem Puls sehr schnell wieder zum ursprünglichen Wert zurück – im Wesentlich schon nach nur 100 μs, d. h. in einer Zeit, die weitaus kürzer ist als die Erbium-Lebensdauer. Das ist deswegen möglich, weil unsere Pumpleistung weit oberhalb der Pump-Sättigungsleistung liegt. In diesem Regime (was bei Faserlasern und -verstärkern häufig auftritt) gelten diverse Regeln nicht mehr – etwa dass die Relaxation zum stationären Zustand eine Zeitkonstante hat, die der Lebensdauer des oberen Laserniveaus entspricht.

Fazit

Sie können von dieser Demonstration einiges lernen:

  • Mit solchen Simulationen werden Sie oft finden, dass das System nicht so funktioniert, wie sie erwartet hatten. Umgekehrt kommt es auch vor, dass etwas funktioniert, wie Sie es nicht für möglich gehalten hätten. Die Simulationen ermöglichen es Ihnen, Ihre Erwartungen und Vorstellungen zu testen und ggf. zu korrigieren. Auf diese Weise entwickeln Sie ein weit solideres Verständnis der Sachlage, als Sie es je durch Lektüre von Fachbüchern und Artikel erreichen könnten. Übrigens helfen wir Ihnen auch gerne dabei!
  • Mit so einem Simulationsmodell können Sie funktionierende Designs für Ihre Geräte auf schnelle und effiziente Weise finden. Würden Sie stattdessen die Teile bestellen, den Verstärker aufbauen und testen, dann die auftretenden Probleme analysieren und lösen, wäre das sehr viele mühsamer, kostspieliger und zeitraubender!
  • Die Simulation eines Faserverstärkers ist mit der Software RP Fiber Power schnell zu bewerkstelligen: einfach die Parameter eingeben und die erhaltene numerischen und grafischen Ausgaben inspizieren. Sie können rasch ausprobieren, wie sich geänderte Parameter und Konfigurationen auswirken würden. Die Power Form gibt Ihnen viele Möglichkeiten, beispielsweise mehrere Verstärkerstufen, mehrere Signale und Pumpquellen, etc., und eine große Zahl nützlicher Diagramme steht zur Verfügung.